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Pädiatrische Hämatologie und Onkologie
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Pädiatrische Hämatologie und Onkologie
von: Helmut Gadner, Gerhard Gaedicke, Charlotte Niemeyer, Jörg Ritter
Springer-Verlag, 2005
ISBN: 9783540290360
1242 Seiten, Download: 23602 KB
 
Format:  PDF
geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop

Typ: B (paralleler Zugriff)

 

 
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Leseprobe

Keimzelltumoren (S. 922-923)

G. Calaminus, D.T. Schneider, P. Schmidt, R. Wessalowski

Bei einem weiblichen Neugeborenen wird ein 4×6 cm großer Tumor im Bereich der Steißbeinregion diagnostiziert. Der Tumor wird in der 4. Lebenswoche gemeinsam mit der Steißbeinspitze reseziert, und histologisch als reifes Teratom befundet. Im Alter von 20 Monaten wird ein Anstieg der AFPWerte im Serum beobachtet. In der daraufhin durchgeführten Kernspintomographie stellt sich ein Rezidivtumor im Bereich des Steißbeinstumpfes dar. Der Tumor wird in mehreren Stücken reseziert, und die histologische Aufarbeitung ergibt einen reinen Dottersacktumor. Postoperativ werden 4 Zyklen Chemotherapie mit Cisplatin, Ifosfamid und Etoposid durchgeführt. Im weiteren Verlauf entwickelt die Patientin ein zweites Lokalrezidiv des Dottersacktumors und wird mit einer regionalen Tiefenhyperthermie kombiniert mit Cisplatin-haltiger Chemotherapie (insgesamt 4 Zyklen) behandelt. Da sich bei der »Third-look«-Operation noch vitale Tumoranteile darstellen, wird abschließend eine Bestrahlung mit 45 Gy durchgeführt. Die Patientin ist seit mehr als drei Jahren in anhaltender Remission. Sie ist harn- und stuhlkontinent. Bei der retrospektiven Analyse des primären Tumorresektates am histopathologischen Referenzzentrum stellen sich Mikrofoci von Dottersacktumorgewebe dar.

74.1 Einführung

Die Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen umfassen eine heterogene Gruppe von Tumoren. Sie treten entsprechend der Namensgebung in den Keimdrüsen auf, bei Kindern jedoch relativ häufiger an anderen mittelliniennahen Lokalisationen wie der Steißbeinregion, dem Mediastinum und dem zentralen Nervensystem. Hierdurch erklärt sich die Notwendigkeit der interdisziplinären Behandlung im Rahmen der aktuellen Therapieoptimierungsprotokolle. Keimzelltumoren zeigen ein charakteristisches Muster der Alters- und Geschlechtsverteilung in Bezug auf die verschiedenen Lokalisationen und histologischen Subentitäten mit unterschiedlicher Tumorbiologie und Prognose.

Allen Tumoren ist jedoch der zelluläre Ursprung von der totipotenten primordialen Keimzelle gemeinsam. Dabei leiten sich Tumoren verschiedener Lokalisationen offensichtlich von verschiedenen Entwicklungsstadien dieser primordialen Keimzellen ab. Die Labordiagnostik bei Keimzelltumoren beinhaltet die Messung der Tumormarker AFP und â-HCG. Die moderne Schnittbilddiagnostik ist spezifisch für die einzelnen Lokalisationen zu erstellen und hat mögliche lokale Ausbreitungswege sowie jeweils typische Metastasierungswege zu berücksichtigen. Die Therapie folgt einem multimodalen Therapiekonzept, das seit der Einführung der Platin-haltigen Chemotherapie einen wichtigen Durchbruch erzielt hat. Dennoch ist nach wie vor die lokale Tumorkontrolle anzustreben, die meist durch eine komplette Tumorresektion erreicht wird.

Bei großen oder infiltrierend wachsenden Tumoren ist es sinnvoll, eine präoperative Chemotherapie durchzuführen, da so die komplette Resektion erleichtert bzw. verstümmelnde Operationen vermieden werden. Bei Keimzelltumoren des ZNS kommt der Strahlentherapie die zentrale Aufgabe für die lokale Tumorkontrolle zu. Insgesamt ist die Prognose der malignen Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen als günstig zu werten. Zukünftige Aufgaben liegen in einer optimierten Therapiestratifizierung anhand klinischer und molekularbiologischer Parameter im Rahmen prospektiver Therapieoptimierungsprotokolle.

74.2 Epidemiologie

Keimzelltumoren können in allen Altersgruppen, von der Fetalperiode bis in das hohe Alter, auftreten (Göbel et al. 2000). Bei Kindern bis zum Alter von 15 Jahren sind Keimzelltumoren vergleichsweise selten und machen im epidemiologisch ausgerichteten Kinderkrebsregister etwa 3–4% aller Diagnosen aus ( Kap. 41, Kaatsch et al. 2002). Bei einer Wohnbevölkerung von ungefähr 13 Millionen Kindern unter 15 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland (nach 1990 bzw. ca. 10 Millionen vor 1990) und 1157 zwischen 1982 und 2000 erfassten Patienten dieser Altersgruppe kann die jährliche Inzidenz auf 0,5 Neuerkrankungen auf 100.000 Kinder bis 15 Jahre geschätzt werden. Es ist allerdings zu beachten, dass die Erfassung von Teratomen in den Studienregistern mit Sicherheit lückenhaft ist, so dass insgesamt eine höhere Inzidenz angenommen werden kann. Dafür spricht auch die weiterhin ansteigende Zahl der in das Register gemeldeten Patienten. Außerdem ist davon auszugehen, dass ein signifikanter Anteil jugendlicher Patienten mit Hodentumoren entsprechend Therapieprotokollen der urologischen bzw. internistisch-onkologischen Disziplinen behandelt werden.



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