Seit der Antike war das Wahrscheinliche vom wahren Wissen ausgeschlossen. Wahrscheinliche Urteile sollten jenseits der Wissenschaften lebensweltlich orientieren. Nach 1660 ändert sich das grundlegend. Im bloß Wahrscheinlichen siedelt sich exaktes Wissen an: die mathematische Theorie des Spiels. Dabei entstand der mathematische Begriff des Wahrscheinlichen keineswegs außerhalb literarischer Denk- und Schreibweisen. Das Bündnis zwischen dem, was sich sagen, schreiben und rechnen läßt, blieb bis zu Kant unbestritten. Die Wahrscheinlichkeiten der Mathematiker und Poetiker, die des modernen Romans und der Statistik gehörten also zwischen 1660 und 1800 einem gemeinsamen Feld an. Dieser erstaunliche Zusammenhang bündelt sich in der neuen Disziplin der Ästhetik (Baumgarten, Lambert).
Die vorliegende Studie zeigt die Genese des Verbundes von Literatur und Wissenschaft und die Bruchlinien, die sich von Anfang an in wissenschaftlichen und literarischen Texten abzeichnen. |